[Rezension] Anthony Burgess - Clockwork Orange

Rückentext:
Der junge Alex prügelt, vergewaltigt, tötet - bis man mit Hilfe moderner Technik einen wahren Christen aus ihm macht. Doch zu welchem Preis? Anthony Burgess´ Meisterwerk in überarbeiteter Neuausgabe, mit umfassendem Glossar.

Meine Meinung:
„Clockwork Orange“ ist bei uns vor allem durch die Verfilmung Kubricks zu grosser Berühmtheit gelangt. Aber auch die literarische Vorlage hat viel von sich reden gemacht. Unter anderem zählt das Buch zu den 100 bedeutendsten Romanen Grossbritanniens.

„Die Orange“ ist ein sehr intensives Werk, weswegen es mir auch eher schwer fällt, eine Rezension zu schreiben. Dieses Buch geht zu jenen, die sich den klassischen Beschreibungen von „gut“ und „schlecht“ entziehen. Man kann es mögen oder nicht - aber in eine Schublade stecken kann man es nur schwerlich.

Burgess stellt in seinem Buch eine unheimlich schwere Frage: kann sich ein Mensch dazu entscheiden, gut bzw. böse zu sein? Soll man ihm diese Entscheidung überlassen oder zum Wohle der Allgemeinheit diese Entscheidungsfreiheit eindämmen? Ein brisantes Thema, über das wir alle einmal gründlich nachdenken sollten, auch wenn es bei beileibe nicht einfach ist.

Alex ist ein Antagonist. Er ist „der Böse“. Meistens sind „die Guten“ die Helden, wir identifizieren uns mit ihnen und wünschen, dass sie aus ihren Abenteuern siegreich hervorgehen. Nun aber erfahren wir die Geschichte aus Alex’ Sicht, er zieht uns in seinen Bannkreis, nennt uns „Brüder“.

Wie weit identifizieren wir uns mit einem Helden, der zum Spass Leute quält? Inwieweit wünschen wir uns, dass Alex aus seinen Abenteuern siegreich hervorgeht? Finden wir ein bisschen Alex in uns selber? Macht uns das zu einem „bösen“ Menschen?

„Clockwork Orange“ ist eine Grenzerfahrung. 

Alex selbst hat keinerlei Mitgefühl oder gar Empathie. Frisch und munter erzählt er, was er Anderen antut und sieht darin nichts Falsches. Spannend zu beobachten ist sein Verhalten im Kontext mit der Gesellschaft in der er lebt - dort ist Gewalt an der Tagesordnung. Die Gesellschaft scheint noch verrohrter zu sein als mir unsere teilweise erscheint. Alex und seine Kumpane sind also nicht die Ausnahme, sondern eher die Regel.

Für dieses Buch hat sich Anthony Burgess eine eigene Jugendsprache ausgedacht, die Alex und seine Freunde sprechen: Nadsat, eine Mischung aus englischen Slangs und Russisch (einige Szenen im Buch erinnern sogar ein wenig an den Kommunismus, zum Beispiel die Malereien an den Wohnblöcken). Trotz dieser uns eigentlich unbekannten Wörter lässt sich ihre Bedeutung aus dem Zusammenhang gut erfassen, in meiner Ausgabe war zusätzlich noch ein Glossar im Anhang zu finden. Diese eigene Sprache macht die Lektüre des Buches noch eindringlicher und fassbarer, und das obwohl diese jungen Menschen mit ihrem Slang unschöne Dinge mit teilweise lustigen Ausdrücken „verschönern“. Eine übrigens gängige Praxis auch bei uns; Stichwort „Kollateralschaden“.

Eine Antwort auf die gesellschaftlichen Probleme vermag Burgess wohl nicht zu geben, doch auf die eingangs gestellte Frage gibt er eine klare Antwort. Im abschliessenden 21. Kapitel bezieht der Autor sehr klar Stellung. Ob man mit Burgess übereinstimmt oder nicht bleibt schlussendlich dem Leser überlassen.


Anthony Burgess
Clockwork Orange
TB, 16. Auflage 1997
Heyne

978-3-453-13079-1

Aus dem Englischen von Wolfgang Krege
Originalausgabe: A Clockwork Orange
1962

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