[Rezension] Doron Rabinovici - Die Ausserirdischen

Rückentext:
Eine ausserirdische Macht soll die Erde erobert haben, und die Menschheit gerät auf den Prüfstand - was wären die Folgen? Sol, der Held dieses so rasant wie ironisch erzählten Romans, erfährt sie am eigenen Leib. Und stellt sich der Frage von Schuld und Verantwortung.

Meine Meinung:
An dieses Buch ging ich heran, ohne den Hintergrund des Autoren zu kennen. Ich las den Rückentext und dachte, "Das wär doch was!". Schlussendlich entwickelte sich die Handlung in eine ganz andere Richtung, als dass ich zu Beginn gedacht hatte, doch fand ich genau das richtig faszinierend und begeisternd.

Interessant war auch, dass mir Sol eigentlich eher unsympathisch ist, zumindest seit dem Gespräch mit dem Tierrechtler war er bei mir unten durch. Trotzdem ging er mir nicht auf die Nerven und nur das ist es, was mich an Figuren stört. Ja, Hauptfiguren dürfen unsympathisch sein, ob nun vom Autoren gewollt oder aufgrund von persönlichen Neigungen (wie hier bei mir). Als lesenswert erachte ich das Buch dennoch.

"Die Ausserirdischen" ist ein spitzes Portrait unserer heutigen Gesellschaft. Angeblich sind Ausserirdische gelandet - was tun wir? Machen wir eine Talkshow draus! Dafür gibt es eigentlich keinen handfesten Beweis, dass die Aliens tatsächlich existieren. Die Art und Weise wie dies von allen Menschen einfach angenommen wird, lässt an Schwarmbewusstsein denken. Auch am Ende wissen wir nicht, ob es die titelgebenden Ausserirdischen und ihre Forderung wirklich gegeben hat oder nicht.

Der Mensch wird zur Schlachtbank geführt - aber freiwillig und human. Es soll Spiele geben, in denen die freiwilligen Märtyrer gegeneinander antreten. Der Gewinner wird belohnt, die Verlierer von den Aliens verzehrt. Natürlich tritt die uns bekannte Maschinerie sofort in Gang: alles wird vermarktet, verkauft, verfilmt.

Dann erst, im letzten Drittel, merkt man, worauf Rabinovici hinauswill: wir fühlen uns mehr und mehr an die Zeit des Dritten Reiches erinnert. Es sind von Deportationen die Rede, von Lagern. In diesem Moment war dieses Buch ein Schlag ins Gesicht für mich: so eindrücklich hievt der Autor die Geschehnisse der Vergangenheit in die Gegenwart und zeigt uns, wie ein allfälliger Dritter Weltkrieg aussehen könnte oder wie die Machenschaften Hitlers heutzutage aussehen könnten.

Ist "Die Ausserirdischen" zu Beginn bis in die Mitte noch ein sehr polarisierendes Buch, so nimmt der Autor doch zum Enge hin mehr und mehr Stellung und öffnet dem Leser die Augen. Auf diese Weise ist mir das Buch ziemlich eingefahren. Es ist kein Titel, der enorm spannend oder ausserordentlich gefühlsduselig ist, Rabinovici ist ein ruhiger und distanzierter Beobachter, aber genau das gefiel mir.

Schlussendlich bleibt es dem Leser überlassen, seine eigene Position in dieser neuen und doch so bekannten Welt zu finden. Wo wirst du sein, wenn die Ausserirdischen kommen?


Doron Rabinovici
Die Ausserirdischen
HC mit Schutzumschlag, Erste Auflage 2017
Suhrkamp

978-3-518-42761-3

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