[Rezension] Miguel de Cervantes - Don Quixote

Rückentext:
Mit grandiosem Einfallsreichtum erzählt Cervantes von den Abenteuern des verarmten Adligen, der in einer Traumwelt vergangener Ritterzeiten lebt, und seines treuen Waffenträgers Sancho Pansa. Ähnlich wie Goethes Faust für die Deutschen ist Don Quijote für die Spanier zum Sinnbild eines nationalen Genius geworden. Die Sympathie des Erzählers für seine Figuren und sein liebevoll-ironischer Ton machen Don Quijote zum wunderbarsten Antihelden der Weltliteratur.

Meine Meinung:
Eigentlich sollte man Klassiker so lesen, wie sie jemand zum damaligen Erscheinen gelesen hat. Doch selbst Literaturwissenschaftler wissen, dass dies unmöglich ist. Wir können ja nicht einfach unser gesamtes Leben ausblenden und Zeitreisen haben bisher auch noch nicht zuverlässig funktioniert. Deshalb nahm ich meine ganze persönliche Lebens- und Leseerfahrung mit, als ich mich ein weiteres Mal an Don Quixote versuchte (das erste Mal war ein Reinfall).

Auch hatte ich den Blogeintrag einer Rezensentin im Hinterkopf, die vor einigen Monaten mal gefragt hat, ob man Klassiker auch nicht mögen darf. Seit ich dieses Genre freiwillig und aus eigenem Interesse lese, habe ich die grundsätzliche Ablehnungshaltung der Schulzeit hinter mir gelassen, aber antworte auf diese Frage immer noch mit "Ja, man darf einen Klassiker nicht mögen."

Klassiker sind deshalb Klassiker, weil sie einen starken Einfluss auf die damalige Zeit hatten und weil irgendwo ein Gelehrter den Kanon bestimmt hat. Nun sind wir aber wieder beim persönlichen Lesehintergrund. Man darf einen Klassiker nicht mögen, sollte ihm aber seinen Status in der Literaturgeschichte nicht absprechen und diesen respektieren.

So geht es mir mit Cervantes und seinem Ritter von trauriger Gestalt. Zwar mochte ich die Figuren und ihre frühen Abenteuer, aber grundsätzlich war das Buch nichts für mich. Dennoch respektiere ich den Einfluss, den Don Quixote damals hatte und auch, wie sehr dieses Buch unsere Gesellschaft geprägt hat. So waren Don Quixote und Sancho Pansa die ersten Vertreter der Gattung grosser Dünner und kleiner Dicker, von denen es unterdessen unzählige Paare gibt.

Ansonsten traf das Buch weniger meinen Geschmack. Wobei ich denke, dass es mir kürzer gefasst gefallen hätte. Zumindest zu Beginn sind die geschilderten Abenteuer wirklich unterhaltsam und Quixote und Sancha ein tolles Gespann mit sehr viel Charme. Doch auf 600 Seiten (oder mehr, je nach Ausgabe) zieht sich das Ganze ziemlich in die Länge und auch fehlte mir ein Ziel, ein Höhepunkt.

Cervantes schildert diverse Abenteuer seiner Protagonisten (wobei die berühmten Windmühlen gerade mal eine Fussnote sind bezogen auf die Länge des Buches), wobei es zum Schluss immer unglaubwürdiger wird. Es werden mehr und mehr Figuren eingeführt, die natürlich alle irgendwie miteinander verbandelt sind. Auch bekommen wir x Liebesgeschichten serviert - meiner Meinung nach hätte eine gereicht.

Der Aufbau der Geschichte an und für sich dagegen ist richtig grossartig. Wir haben nicht nur eine Rahmen- und eine Binnenhandlung, sondern die unterschiedlichsten Erzähler, die wiederum Geschichten erzählen, Briefe schreiben oder Gedichte vortragen. Der Grundton des Buches ist ironisch-lustig, wobei von allem Don Quixote immer wieder vom Erzähler mehr oder weniger liebevoll gefoppt wird.

Daneben kommt es leider immer mal wieder zu grösseren Exkursen diverser Figuren zu irgendeinem Thema. Diese Monologe gehören wahrscheinlich zu den Punkten, die das Buch so berühmt gemacht haben, da sich der Autor über die verschiedensten Themen des damaligen Lebens hermacht. Für mich als Leserin ohne wissenschaftlichen Hintergrund waren diese Seiten jedoch ziemlich anstrengend zu lesen, da sie einfach nicht mehr meinen Lebenserfahrungen entsprechen und ich mehr davon gehabt hätte, hätte sich Cervantes kürzer gefasst. Dann hätte ich die Stellen genauer gelesen und einen besseren Einblick in das Spanien um 1600 erhalten.

Da ich, wie gesagt, nur mit einigen Punkten des Buches Mühe hatte, überlege ich mir, die zwei anderen Bücher vielleicht doch noch irgendwann zu lesen. Aber erst in ein paar Jahren. Momentan bin ich zufrieden damit, dieses Buch von Don Quixote geschafft zu haben.


Miguel de Cervantes Saavedra
Der sinnreiche Junker Don Quijote von der Mancha
Ersters Buch
E-Book

Kommentare

  1. Oha... Also an sich mag ich die Geschichte ganz gerne. Wenn ich das aber so lese, dann bin ich doch froh, dass ich nur die von Erich Kästner erzählte Version gelesen habe.

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    1. Die Kästner-Version unterscheidet sich doch ziemlich vom Original :D Aber er hat den Kern der Geschichte wirklich gut auf den Punkt gebracht.

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    2. Hihi... Naja, so kenne ich aber die Geschichte und weiss, dass ich sie mit der Kästner-Version vielleicht irgendwann den Mischwesen auch nahebringen kann... xD

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    3. Das kannst du ganz sicher :)

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