[Rezension] Nadia Hashimi - Hinter dem Regenbogen

Rückentext:
Unter dem strengen Regime der Taliban dürfen Rahima und ihre vier Schwestern weder zur Schule gehen noch auf der Strasse spielen. Da ihnen ein Sohn fehlt, beschliessen die Eltern, aus Rahima einen Bacha Posh zu machen, ein Mädchen in Jungenkleidung. Fortan wird sie wie ein Sohn behandelt und geniesst eine ungeahnte Freiheit - bis sie mit dreizehn an einen mächtigen Warlord verheiratet wird. Doch die Hoffnung auf ein selbstbestimmtes Leben gibt Rahima niemals auf. Ihr grosses Vorbild ist ihre Vorfahrin Shekiba, die hundert Jahre zuvor als Mann lebte und zum Wächter des königlichen Harems aufstieg...

Meine Meinung:
Dieses Buch erhielt ich als Leseexemplar zum Ersten Advent und um ehrlich zu sein, ohne die freundliche Vertreterin des Lübbe-Verlages in der Schweiz hätte ich Hashimis Debütroman wohl niemals gelesen. Aber zum Glück kam es anders und ich hatte die Gelegenheit, dieses grossartige Werk lesen zu dürfen.

Hashimi ist eine talentierte Erzählerin, die es schafft, uns eine wirklich emotionale Geschichte näher zu bringen, ohne dabei in Kitsch abzudriften. Dabei sind die beiden Leben, deren wir hier Zeuge werden, wirklich starker Tobak. Irgendwann beschloss ich, nur noch etwa 20 Seiten pro Tag zu lesen, da ich mehr einfach nicht verkraftet habe. Nach dem Lesen wurde mir stets bewusst, wie gut es mir hier geht (immerhin dürfen die Frauen im Schweizer Kanton Appenzell seit 1990 wählen!). Ich darf selber Entscheidungen treffen, darf Hosen tragen, arbeiten gehen und selber über mein Geld bestimmen. Alles Dinge, die für Rahima und Shekiba nicht selbstverständlich sind.

"Hinter dem Regenbogen" ist ein Buch, in das man völlig eintauchen kann. Nach dem Lesen war ich oft noch lange in Gedanken bei den Geschehnissen - ein weiterer Grund, weshalb ich die Lektüre begrenzen musste. Rahima erzählt aus der Ich-Perspektive, was ihr alles widerfährt: ihre Zeit als freier Bacha Posh, als uns und ihr klar wird, wie unterschiedlich das Leben für Mädchen und Jungen in Afghanistan sind, und dann ihre Zeit als verheiratete Frau eines brutalen Kriegsherren.

Ich habe schon einige Bücher gelesen, in denen Familiengeschichten aus unterschiedlichen Sichten erzählt wurden. Aber Hashimi macht es eine Spur anders: Shekibas und Rahimas Geschichten haben Einfluss aufeinander, ähneln sich und Rahima holt sich immer wieder Rat bei ihrer Ururgrossmutter, um ihren Alltag durchzustehen und Mut zu schöpfen.

Unterdessen habe ich mir bereits das nächste Buch der Autorin vorbestellt, so begeistert bin ich von "Hinter dem Regenbogen". Das hätte ich weder dem Buch, noch mir selbst je zugetraut. Schön, wenn grossartige Bücher auf diese Art und Weise den Weg zu einem finden. Dieses Buch hat meine Sicht auf die Welt, Afghanistan und mein eigenes Leben verändert und natürlich hoffe ich, dass es auch anderen Lesern so gehen wird wie mir.


Nadia Hashimi
Hinter dem Regenbogen
HC mit Schutzumschlag, 2016
Lübbe

978-3-431-03950-4

Aus dem Amerikanischen von Rainer Schumacher
Originalausgabe: The Pearl that Broke its Shell

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